Was macht eigentlich… die Buchkunst von Christa Zenzen?
Kunst auf dem Smartphone
Mit ihrem Atelier für Buchkunst zog Christa Zenzen vor rund sechs Jahren aus dem Triple Z aus. Zunächst in ein Ladenlokal im Süden ihrer Wahlheimat Gladbeck, dann in Räume der ehemaligen Zeche Fürst Leopold in Dorsten, die zu einem Kreativ-Quartier entwickelt werden soll. Mittlerweile hat sie ein Ladenlokal in Herten-Westerholt gleich gegenüber des 2008 stillgelegten Bergwerks Lippe gefunden, in dem sie nun an der Umsetzung ihrer Ideen tüftelt. Die schweren Buchbinde-Maschinen, mit denen sie noch im Untergeschoss der ehemaligen Lampenstube im Triple Z fünf Jahre lang gearbeitet hatte, sucht man hier vergeblich. „Es gab einfach keine Nachfrage mehr nach hochwertiger Buchkunst“, erzählt sie. „Also habe ich die Maschinen der Waldorfschule in Gladbeck geschenkt – verbunden mit der Auflage, dass ich sie jederzeit nutzen kann, falls es doch mal wieder Bedarf geben sollte.“
Das traditionelle Kunsthandwerk hat sie also fast komplett aufgegeben und nutzt mehr und mehr die neuen Medien für ihr künstlerisches Schaffen. Besonders angetan haben es ihr QR-Codes, aktuelles Beispiel: die „Schnelle Antwort“, die bis zum 10. Mai 30 Tage lang die Fahrgäste der Emschertalbahn bekommen, wenn sie die entsprechenden QR-Codes in den Zügen scannen. Auf ihren Smartphones oder Tablets sehen die Pendler dann täglich wechselnde Texte, Bilder, Montagen, Filme und Gedichte – erstellt und online hinterlegt von Christa Zenzen und Brigitte Stüwe. Nach und nach, so die Künstlerinnen, ergebe sich aus den „Schnellen Antworten“ insgesamt ein neuer Blick auf das Bahnfahren im Allgemeinen und auf die Emschertalbahn im Besonderen. Die frühere Güterzugstrecke, die vor mehr als 120 Jahren eröffnet wurde, um das Ruhrgebiet mit den Niederlanden und den dortigen Seehäfen zu verbinden, ist heute ein Personenpendelzug zwischen Dorsten und Dortmund. Derzeit sind hier Züge der NordWestBahn unterwegs, die gemeinsam mit weiteren Partnern und Förderern das Projekt unterstützt.
Und wer sich über den Namen der Aktion wundert: „Q“ steht für „quick“, das „R“ für „response“ – und beides zusammen bedeutet wörtlich übersetzt: „Schnelle Antwort“. Ganz einfach.
Ihre „Schnellen Antworten“ hat Zenzen gegeben und arbeitet längst an neuen Werken. Im hellen Tageslicht hinter den hohen Rundbogenfenstern ihres neuen Atliers an der Geschwisterstraße in Westerholt, das sie sich mit der befreundeten Künstlerin Anna Maria Komorowska teilt, kramt sie in uralten Familienfotos, die sie schuhkartonweise auf Flohmärkten ersteht. Aus den Bildern schneidet sie einzelne Personen aus und gruppiert sie in Dioramen neu. „So treffen Menschen aufeinander, die sich zu Lebzeiten wahrscheinlich nie begegnet sind“, erklärt sie. Zu sehen sind im Atelier Art 2 zudem unterschiedliche Werke, die Zenzen aus Naturmaterialien erstellt, sowie Objekte und Schmuckstücke aus Papier – nach wie vor ein Lieblingswerkstoff der Buchkünstlerin.
Ihre Ausbildung zur Buchbinderin hatte Zenzen 1999 im Alter von 50 Jahren an der renommierten Dorfner-Werkstatt in Weimar begonnen und in einem Gaststudium im Fachbereich „Konzeptkunst Buch“ an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle vertieft. Zuvor hatte die promovierte Pharmakologin viele Jahre lang eine Apotheke, die sie verkaufte, um fortan nur noch „das zu tun, was mir Spaß macht.“