Heute und früher: Der Blick hinter den Backstein von Gebäude 1

Alte Lohnhalle, neuer Treffpunkt: Herzstück von Gebäude 1 ist die knapp 300 m² große Lohnhalle. Hier gibt es heute statt Lohntüten Kaffeespezialitäten und Mittagsbuffet: Das Bistro Kanne Lohni füllt in Spitzenzeiten mit Salatbar, Hauptgericht und Nachtisch bis zu 150 Mägen. Einige Triple Z-Unternehmen haben für ihre Belegschaft feste Tische reserviert, andere komme sporadisch auf Mittagessen und Plausch vorbei. Hochbetrieb herrscht, wenn die Seminarteilnehmenden des ZiFF – Zentrum für integrative Förderung und Fortbildung zur Pause kommen. Das Fortbildungszentrum betreibt das Bistro, um die Teilnehmenden der pädagogischen, medizinischen oder therapeutischen Seminare zu verköstigen.

Die Lohnhalle heute: Bel(i)ebter Treffpunkt mit Bistro.

Neben ZiFF und Bistro hat sich in Gebäude 1 des Triple Z ein bunter Mix verschiedenster Unternehmen angesiedelt, zum Beispiel aus den Bereichen Softwareentwicklung, Veranstaltungsmanagement, Projektplanung, Fotografie, Design oder Ingenieurwesen. Produziert wird auf der Galerie der Lohnhalle auch: Jennifer Brasausky (JP Designs) plottet in ihrem Multifunktionsraum, das heißt, sie bringt individuelle Motive auf Materialien wie Thermobecher, Taschen oder Hoodies auf.

Zeitreise zurück

Ruine mit Pioniergeist (1995-1998)

Dass die Lohnhalle wieder mit Leben und vielfältigen Geschäftsideen gefüllt ist, war vor knapp 30 Jahren nicht absehbar. Das Gebäude hatte rund zwei Jahre leer gestanden, war von allen Versorgungsleitungen abgeschnitten, es gab kein Wasser, keinen Strom, keine Heizung. Durch das marode Dach drang Regen ein. Trotz des ruinösen Zustands, stand die Zeche Zollverein (Schacht 4/5/11) Mitte der 1990er Jahre als Standort für ein Existenzgründungszentrum fest, um der hohen Arbeitslosigkeit im Essener Norden zu begegnen. Nachdem das Gebäude aus der Bergaufsicht formal entlassen und somit freigegeben war, kaufte die Stadt Essen die Immobilie für die Triple Z AG, die das neue Existenzgründungszentrum betreiben sollte.

Die Lohnhalle im Herbst 1996 vor der Sanierung.

Da hier schon zur Zechenzeit die Verwaltung saß, bot sich das Gebäude 1 für den Einzug des Triple Z-Managements an. Ab 1996 wurde die Sanierung der maroden Zechengebäude geplant und koordiniert. Zum ersten Bauabschnitt mit einem Finanzvolumen von damals rund 4,6 Mio. DM (ca. 2,4 Mio. Euro) gehörten die Gebäude 1, 4 und 5. In der Lohnhalle ging es zunächst an die aufwändige Sanierung des Glasdaches: Die Stahlkonstruktion musste von einem Innengerüst aus komplett entrostet, grundiert und gestrichen werden. Auch die Büros und Bäder, die früher von den Zechenbeamten genutzt wurden, wurden nach und nach saniert. Schon während der laufenden Sanierung zog 1997 der erste Mieter ein, weitere folgten, sobald Mieteinheiten fertig waren. Wer in dieses noch sehr junge Triple Z zog, nahm Staub, Dreck und Baulärm in Kauf – dafür herrschte Pioniergeist. Die Infrastruktur war allerdings nicht mit dem heutigen Triple Z vergleichbar. Die Außenanlagen waren verwildert, Parkplätze gab es nur provisorisch und statt eines Bistros mit Mittagsbuffet, gab es eine Kantine in Selbstverwaltung: Wer sich etwas kochen wollte, konnte Ofen, Mikrowelle, Anrichte und Kühlschrank nutzen. Die ersten Triple Z-Unternehmerinnen und -Unternehmer halfen sich gegenseitig aus. Der Sekretariatsservice und ein Unternehmen für Büroeinrichtung wurden besonders gern von den anderen Triple Z-Pionieren beauftragt.

Der erste Bauabschnitt war 1998 fertig gestellt und schaffte in drei Gebäuden rund 2000 m² Büro- und Produktionsfläche.

Bildergalerie (zum Vergrößern anklicken): Gebäude 1 vor und während der Sanierung.

Wo die Jugend (nicht mehr) Bergmann lernte (1968-1994)

Begrüßung neuer Azubis in der Lohnhalle (beide Fotos der Ausbildungswerkstatt: Leo Abel).

Vor dem Einzug des Triple Z-Managements und der Sanierung hatte das Gebäude lange leer gestanden. Das lag an der Schließung der zentralen Ausbildungsstätte der Ruhrkohle AG, die zuvor 26 Jahre lang die Gebäude der ehemaligen Zeche genutzt hatte. Zu Spitzenzeiten wurden gleichzeitig bis zu 1.100 Lehrlinge in den verschiedenen Bergbauberufen ausgebildet. Bis Mitte der 1990er Jahre kamen jedoch immer weniger Azubis, denn auch die Belegschaft von Zollverein wurde kontinuierlich heruntergefahren.

Übung des hydraulischen Grubenausbaus im Keller von Gebäude 1.

Entstanden war die Lehrwerkstatt 1968/1969. Der Umbau und die Einrichtung der ehemaligen Zechengebäude kosteten damals rund 400.000 DM. Dafür war nun eine qualifiziertere Ausbildung möglich. Das war auch nötig: Die neuentwickelten Maschinen des Bergbaus stellten höhere Anforderungen an Mensch und Material.

Modernes Gebäude für 30-jährige Zeche (1922-1967)

Die fortschreitende Mechanisierung des Bergbaus, die eine qualifiziertere Ausbildung der Bergmänner erforderte, war gleichzeitig Grund für die Schließung des Zollverein-Standortes 4/5/11. Denn große Maschinen konnten hier aufgrund der steilen Lagerung der Kohle nicht zum Einsatz kommen. Die Stilllegung der Schachtanlage 4/5/11 wurde zum 30. Juni 1967 angekündigt.

Planung von Gebäude 1: Längsschnitt durch die Lohnhalle von 1922.

Das Verwaltungsgebäude der Zeche, vorne die Mannschaftsbrücke.

Beim Bau des heutigen Gebäudes 1 dachte noch niemand an eine Stilllegung. Ganz im Gegenteil: Es wurde in die Modernisierung der Schachtanlage investiert. Denn damals, Anfang der 1920er Jahre, war das Katernberger Steinkohlebergwerk bereits seit rund 30 Jahren eine voll funktionsfähige Zeche. Um das Bergwerk zu modernisieren, wurde ein neues Backstein-Hauptgebäude mit Verwaltung und Lohnhalle gebaut. Direkt an der Straße gelegen und von dieser durch eine Toranlage getrennt, bildete das Gebäude den neuen Eingang zur Zeche. Hatten die Bergmänner das Zechengelände betreten, mussten sie sich an der Markenkontrolle melden, die direkt im Erdgeschoss unter einem Vordach zu finden war. Die Bergleute gaben hier zu Beginn der Schicht ihre „Fahrmarke“ ab, um die Anwesenheit und die jeweilige Arbeitszeit prüfen zu können.

An den weiteren Räume im Erdgeschoss wird deutlich, wie gefährlich die Arbeit unter Tage war: Neben einer Verbandsstube, einem Raum mit Tragebahren und einem Arztzimmer, befand sich hier auch die Totenkammer.

Dachgeschoss-Grundriss von 1922: Galerie der Lohnhalle mit Bädern, Brausen, Trockenraum etc. (zum Vergrößern klicken).

Die zweigeschossige Lohnhalle im Ober- und Dachgeschoss des Verwaltungsgebäudes wurde durch eine flache Glasdecke belichtet und war vor allem für Beamte vorgesehen: Von der Lohnhalle aus erreichten der Inspektor, der Betriebsführer und die Steiger ihre Büros. Auch das Lohnbüro (heute Konferenzraum 1 des Triple Z) befand sich in den Nebenräumen der Lohnhalle. Durch Schalterfenster, die im heutigen Konferenzraum noch zu sehen sind, reichten die Beamten den Lohn zu den Bergmännern in der Lohnhalle heraus.

Von der Galerie der Lohnhalle im Dachgeschoss gingen die Steigerbäder und die Bäder für Direktion, Betriebsführer und Gäste ab – wo sich heute moderne Büros befinden, lag also der Steiger in der Wanne.