Wo die Jugend Bergmann lernte
Geplanter Friedhof und Zollverein-Schachtanlage – vor allem letztere Vergangenheit des heutigen Triple Z ist weithin bekannt. Dass die alten Zechengebäude vor ihrer Nutzung als Gründungs- und Unternehmenszentrum noch eine weitere Nutzung erfuhren, ist jedoch weniger verbreitet. Dabei waren Gelände und Gebäude 26 Jahre lang zentrale Ausbildungsstätte der damals frisch gegründeten Ruhrkohle AG.
Neue Anforderungen an Mensch & Material
Ende der 1960er Jahre war die fortschreitende Mechanisierung des Bergbaus nicht nur Grund für die Schließung des Zollverein-Standortes 4/5/11, sondern auch Voraussetzung für dessen neue Nutzung. Da große Maschinen aufgrund der steilen Lagerung der Kohle nicht zum Einsatz kommen konnten, wurde zum 30. Juni 1967 die Stilllegung der Schachtanlage 4/5/11 angekündigt. Gleichzeitig stellten die neuentwickelten Maschinen, die an den anderen Standorten zum Einsatz kamen, höhere Anforderungen an Mensch und Material. Das Berufsbild des Bergmanns veränderte sich und erforderte qualifiziertere Ausbildung. 1968/1969 entstanden daher auf der stillgelegten Zeche mehrere Lehrwerkstätten, in denen gleichzeitig bis zu 1.100 Lehrlinge in den verschiedenen Bergbauberufen ausgebildet werden konnten. Zollverein 4/5/11 war als zentrale Lehrwerkstatt aufgrund seiner Größe und der Nähe zu den Zechen Holland, Nordstern und Zollverein besonders geeignet.
Waschkaue wird Lehrwerkstatt
Der Umbau und die Einrichtung der ehemaligen Zechengebäude kosteten damals 400.000 DM. Dafür standen den Auszubildenden, die von den verschiedenen Zechenanlagen zur zentralen Ausbildungsstätte in Katernberg kamen, modernste Werkstätten zur Verfügung. Gestartet wurde 1969 in der ehemaligen Waschkaue der Zeche (heute Gebäude 2 des Triple Z), in der bereits im ersten Jahr Werkbankplätze für 142 Jugendliche bereitstanden. Ausgebildet wurden Industriemechaniker, Energieanlagen-Elektroniker, Elektroinstallateur, Bergmechaniker sowie Berg- und Maschinenleute – später gab es auch Erwachsenenfortbildung im Bereich Autogen- und Elektroschweißen. Gut zehn Jahre nach Eröffnung hatte die Ruhrkohle AG insgesamt 66 Räume, darunter sechs Werkstätten, für die Ausbildung nutzbar gemacht. Damals lernten 475 Auszubildende am Standort – ausschließlich Jungen und junge Männer.
Weibliche Azubis
Die weiteren Stilllegungsmaßnahmen im Bergbau wirkten sich auch auf die Ausbildungszahlen der Lehrwerkstatt aus – erstmals kam die Schließung des Ausbildungsbetriebs ins Gespräch. Um dies zu verhindern, wurde die Zentrallehrwerkstatt für Externe geöffnet und fortan wurde auch u.a. für die Stadt Essen, die Diözese Essen und das Arbeitsamt Essen ausgebildet. Eine weitere Maßnahme erhöhte die Ausbildungszahlen: Ab den 1980er Jahren kamen insgesamt auch 50 weibliche Azubis in gewerblich-technischen Berufen zur Lehrwerkstatt. Dafür war ein weiterer Umbau nötig, denn die ehemalige Zechenanlage bot keine getrennten Sanitäranlagen. Bis zum Abschluss der Baumaßnahmen mussten sich die jungen Frauen in einer nahegelegenen Schule duschen und umziehen. „Es war schon ein ungewohntes Bild für die Anwohner, wenn die jungen Frauen vor und nach der Schicht in Arbeitskleidung, natürlich auch mit einem Grubenhelm, durch die Straßen liefen“, beschreibt Leo Abel, der bis 1989 Ausbildungs- und Betriebsleiter der Zentralwerkstatt war, diese Phase in seiner Autobiographie „Ich in meiner Zeit“.
Schließung des Ausbildungszentrums
Trotz aller Bemühungen sank die Zahl der Auszubildenden weiter, denn auch die Belegschaft von Zollverein wurde kontinuierlich heruntergefahren. Am 23. Dezember 1986 schloss Essens letzte Zeche, die Stilllegung der Kokerei 1993 vernichtete noch einmal 1.700 Arbeitsplätze. Ein Jahr später schloss auch das Ausbildungszentrum, die ehemaligen Zechengebäude waren dem Verfall und Vandalismus ausgesetzt.